Olaf Knopp sitzt an diesem Novembermorgen mit Headphone im Büro, Karolina Düthorn vor dem Schreibtisch zu Hause. Der Firmengründer und Geschäftsführer des Bonner IT-Unternehmens Wheregroup war schon bei der ersten Runde des Geomentoring-Programms im Jahr 2016 dabei. Er wusste also genau, worauf er sich bei der diesjährigen Wiederauflage einließ. Ganz im Gegensatz dazu Karolina Düthorn, Geografiestudentin, 24 Jahre alt. Als sie den Aushang sah, hatte sie noch zwei Regelsemester im Masterstudiengang vor sich. Und natürlich keine Ahnung, was sie im Mentoringprogramm erwartete. Sie steht am Anfang ihrer Berufslaufbahn, Olaf Knopp, 52, mittendrin. Die klassische Ausgangslage für ein Mentoring, in der der Erfahrene sein Wissen an Jüngere weitergibt. Oder?
Mentoring als Chance für beide
Ganz so eingleisig – hier der Lehrer, dort die Lernende – sehen die beiden das nicht. In diesem Programm sind sie nicht zufällig zueinander gekommen, man hat sie nach ihren Angaben zu Interessen und Wünschen zusammengebracht. „Wir passen als Team gut zueinander und haben das Projekt beide als Chance begriffen. Mal sitzt der eine am Lenker, mal tritt er in die Pedale“, so Knopp. Für ihn sei es selbstverständlich, bei einem solchen Experiment mit dabei zu sein. Schließlich sei er selbst Geograf und wisse, wie schwer es sei, einen Job zu finden, der eng mit Inhalten des Studiums korrespondiert. Zudem hat Knopp Anfang des Jahres eine Ausbildung zum Systemischen Coach abgeschlossen und weiß, wie sehr Mentoring der Persönlichkeitsentwicklung zugutekommt.
Fachlicher Austausch
Karolina Düthorn braucht nun noch etwa ein halbes Jahr bis zum Abschluss ihres Masterstudiengangs. Ihre Abschlussarbeit wird sich mit 'Angsträumen in der Stadt' beschäftigen. Kürzlich reichte sie das zugehörige Exposé ein. Knopp hat als berufserfahrener Geograf, Gründer, Geschäftsführer eines IT-Hauses mit 40 Mitarbeitern und natürlich in seiner Funktion als Mentor seinen Anteil daran. „Olaf hat mich bei der Ausrichtung der Masterarbeit unterstützt. Ich habe ihm das Thema präsentiert, Thesen vorgetragen, wir haben diskutiert und daran gefeilt“, so Karolina Düthorn.
Nahe dran an der Lehre
Auf die Frage, ob es Knopp bei seiner Teilnahme als Mentor nicht in erster Linie um die Nachwuchsgewinnung gegangen sei, antwortet er: „Sicher brauchen wir Nachwuchs. Wir haben unsere Website zeitweilig sogar stärker auf Mitarbeiter ausgerichtet als auf unsere Kunden. Beim Thema Mentoring aber spielt das für mich eine untergeordnete Rolle.“ Er schätze den Austausch, die Nähe zur Lehre und zu jungen Leuten. Und er profitiere davon, den Blickwinkel wieder einmal verändern zu dürfen und den Idealismus dieser besonderen Lebensphase spüren zu dürfen.
Berufsorientierung gelungen
Karolina Düthorn hat die Arbeit bei der Wheregroup in einem sechswöchigen Praktikum derweil intensiv kennengelernt. Mitten im ersten Lockdown. „Das Büro war ziemlich leer, aber ich war froh, überhaupt unter Menschen sein zu dürfen. Das Reinschnuppern in die Softwareentwicklung lief dann exakt so, wie sie es eingeschätzt hatte: „Ich weiß jetzt, was für mich zur Zeit nicht in Frage kommt“, lacht die Studentin. Und auch der Firmeninhaber lacht mit: „Ich treffe so viele Menschen, die unglücklich in ihren Jobs sind. Und ich versuche immer, ihnen Mut zu machen, sich dem zu widmen, woran sie Freude haben.“ Karolina Düthorn ist da einen Schritt weiter als viele andere Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger: Das Praktikum hat ihr gezeigt, was sie nicht braucht, wenn sie zufrieden in einem Job werden will. Und im Dialog mit Knopp lernt sie, wie wichtig es ist, sich dem zu widmen, was sie wirklich will und kann.
Ein besonderes Instrument
Mentor und Mentee betrachten das Programm der geobusiness region bonn als besonderes Instrument zur Wissensvermittlung. Wenn etwas anstehe, rufe sie Olaf einfach an, und oft könne er ihr auch weiterhelfen, sagt Karolina Düthorn. Und dass es einfach Spaß mache, sich mit jungen Leuten auszutauschen, ergänzt Knopp. „Dieses Instrument sollte man sich nicht entgehen lassen“, urteilt er. Da er den Vergleich zum Vorgängerprogramm im Jahr 2016 hat, weist er darauf hin, wie wichtig der persönliche Austausch sei, der jetzt Corona bedingt weniger geworden sei.
„Olaf“, sagt Karolina Düthorn zum Ende des Interviews, „wenn ich in meinem Job später einmal GIS-Software brauche, rufe ich Dich an.“ Olaf Knopp lacht: „Du weißt doch, dass es mir darum nicht geht.“
Die beiden verabschieden sich aus dem virtuellen Raum: „Melde Dich, wenn du Hilfe brauchst“, schickt Knopp ihr zum Abschied hinterher. „Du auch“, antwortet Karolina Düthorn. Die beiden werden noch länger gemeinsam im Sattel sitzen. Das Geomentoring-Programm wurde Corona bedingt bis zum Ende 2021 verlängert.
Das Unternehmen WhereGroup
Die WhereGroup ist ein dynamisches mittelständisches Software-Haus für Geo-Informationssysteme. Wir entwickeln Open-Source-Lösungen mit Raumbezug und sind tief in der Open-Source-Community verwurzelt. Zu den Kunden gehören vor allem größere Behörden und Unternehmen aus verschiedenen Bereichen wie Energie, Transport, Telekommunikation, Landwirtschaft oder Sicherheit. Entsprechend vielseitig und spannend sind die Projekte. In dieser hoch spezialisierten Branche stellt die Suche nach neuen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen immer eine Herausforderung dar. Zwar vermitteln viele Studiengänge wie Geografie, Geodäsie oder Informatik und Berufsausbildungen wie Fachinformatiker/in oder Geomatiker/in das notwendige Grundwissen. Erfahrungsgemäß müssen Absolventinnen und Absolventen allerdings eine mehrmonatige interne Ausbildung durchlaufen, um in diesem sich schnell entwickelnden Markt einsetzbar zu sein. Umso wichtiger für das Unternehmen ist die Nachwuchsarbeit, um Fachpersonal möglichst früh an die Firma zu binden und zielgerichtet ausbilden zu können. Die WhereGroup stellt Praktikumsplätze bereit (die auch während der Covid-19-Pandemie durchgehend besetzt sind), beschäftigt Werksstudierende, bildet selber aus, betreut Abschlussarbeiten und ist seit Jahren im GeoMentoring-Programm aktiv.