Frau Böhnke, Sie leiten das Mentoringprogramm der Geo-IT-Branche in Bonn. Was ist das Ziel?
Katrin Böhnke: Wie in vielen anderen High-tech-Branchen sucht die Geo-IT-Branche in Bonn qualifizierten Nachwuchs. Wir wollen mit dem Mentoringprogramm Unternehmen und Behörden mit Studierenden zusammenbringen. Das hilft beiden Seiten: Die jungen Leute bekommen sehr persönliche Einblicke in die Arbeitswelt, einen Einstieg in Netzwerke sowie wertvolles Feedback zur Weiterentwicklung. Die Mentoren kommen noch einmal nah ran an die Wissenschaft, trainieren ihre Beratungsskills und bekommen Input von den jungen Leuten, der sehr wertvoll sein kann. Wir denken also, das Mentoringprogramm bringt allen Beteiligten etwas – und nutzt darüber hinaus auch noch der Region, wenn Absolventinnen und Absolventen erhalten bleiben.
Warum gerade in der Geo-IT-Branche?
Die Wissenschaftslandschaft in Bonn ist in Studiengängen rund um 'Geo', also Geodäsie, Vermessung, Geoinformatik, Geografie, sehr gut aufgestellt. Die Geobusinessregion Bonn ist Heimat zahlreicher Hochschuleinrichtungen, Forschungsinstitutionen und Unternehmen rund um Geo-IT, Geoinformationen und Geomarketing. Die Branche ist von internationalen Konzernen, über kreative Mittelständler bis zu Start-ups stark aufgestellt. Kaum eine Region in Deutschland bietet eine derartige Geo-Expertise auf engstem Raum. Dieses Grundgerüst wollen wir von der Wirtschaftsförderung stärken.
Und wie kam das Mentoringprogramm bei Studierenden und Unternehmen und Behörden an?
Wir hatten ursprünglich mit zehn Tandems geplant, haben aber wegen der hohen Resonanz auf beiden Seiten auf 16 aufgestockt. Studierende, Mentorinnen und Mentoren haben den Wert des Projekts sofort erkannt.
Sie haben im Januar 2020 den Tandems den Startschuss erteilt. Kurz darauf waren viele Aktivitäten aufgrund der Corona-Pandemie lahmgelegt. Wie ist es dem Mentoringprogramm ergangen?
Ich würde sagen, wir haben es sehr gut durch die Krise gerettet. Vor allem habe ich versucht, nach dem Lockdown den Kontakt zu den Mentees zu halten und trotz allem die Tandems zusammenwachsen zu lassen. Was angesichts von Kontaktbeschränkungen zu neuen Ideen geführt hat. Man hat richtig gemerkt, wie die Studierenden in der Krise gelitten haben. Die Vorlesungen fielen plötzlich aus, Exkursionen und Workshops wurden gestrichen, soziale Kontakte auf ein Minimum heruntergefahren – das war für einige doch ein herber Schlag. Bei den Mentorinnen und Mentoren sah es zum Teil ganz anders aus, die waren plötzlich noch stärker beruflich gefordert. Sie kommen aus Behörden wie dem Technischen Hilfswerk und dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe – da brannten natürlich plötzlich alle Alarmglocken.
Und wie haben Sie dann die Tandems wieder miteinander vereint?
Ich war hartnäckig, habe immer wieder meine Unterstützung angeboten. Und habe auf die digitale Vernetzung gesetzt. Statt Unternehmensbesuchen, Workshops und Netzwerktreffen haben wir virtuelle Veranstaltungen abgehalten. Die Mentorinnen und Mentoren haben über Konferenztools ihre Tätigkeitsfelder vorgestellt, erklärt, wie die Unternehmen ticken, was man braucht, um bei ihnen einzusteigen. Zudem gab es bei fast jedem Treffen ein Kernthema wie etwa 'Warum Netzwerken wichtig ist', Softskills und Persönlichkeit im Job" oder auch 'Führen in Pandemiezeiten'. Die jungen Leute konnten im Vorfeld schon Fragen einreichen, die natürlich beantwortet wurden. Die Meetings dauerten dann um die zwei Stunden und haben wirklich eine lockere Netzwerkatmosphäre verbreitet.
Digital statt haptisch, war das eine Notlösung oder bleiben Sie bei der digitalen Netzwerkarbeit?
Nein, die Mischung machts! Wir treffen uns jetzt schon zu Waldspaziergängen und zu Meetings unter freiem Himmel. Im Oktober ist sogar ein erster Workshop in geschlossenen Räumen geplant. Dann werden die Mentees einen Tag lang mit einer Trainerin rund um die Themen Selbstmarketing/ Netzwerken und Vorstellungsgespräch arbeiten: Erfolgsstrategien für mehr Souveränität und Auftreten. Die digitale Vernetzung werden wir auch zukünftig weiter leben, denn sie hat sich ebenfalls als sehr wertvoll erwiesen.
Gibt es etwas, das sie sich für beide Seiten wünschen?
Zu einem Mentoringprogramm gehört ein sorgfältig geplanter und organisierter Rahmen. Neben der Auftaktveranstaltung ist das etwa ein Bergfest in der Mitte des gemeinsamen Projekts und natürlich eine gebührende Abschlussveranstaltung, auf der der Staffelstab an die nächste Generation weitergereicht wird. Zudem sind regelmäßige Treffen im Tandem sowie Möglichkeiten der Hospitation, Job-Shadowing etc. elementar. Wir haben daher diese Runde des Mentoringprogramms wegen der Corona-Pandemie bis Ende 2021 verlängert. Ich wünsche mir sehr, dass wir diese wichtigen Ereignisse gemeinsam erleben können, denn das sind für die Beteiligten erfahrungsgemäß wichtige Meilensteine.
Frau Böhnke, wir wünschen viel Erfolg. Und danken für das Gespräch.
Das Interview führte Monika Rech-Heider