Frau Busch-Holfelder, das Mentoring-Programm der sehr agilen Geo-IT-Szene in Bonn bringt deren Akteure zusammen. Mentorinnen und Mentoren aus Unternehmen und Verwaltung sowie Studierende aus den Geowissenschaften sind seit Beginn des Jahres in Tandems vereint. Sie haben sie begleitet. Wie lief das ab?
Katrin Busch-Holfelder: Ich habe die Studierenden im März 2020 glücklicherweise kurz vor dem Lockdown persönlich kennengelernt. In einem ersten Workshop haben wir uns gemeinsam auf die Suche begeben, was in den jungen Leuten steckt. Es geht dabei um einfache Fragen, deren Beantwortung oft nicht ganz so leicht ist: 'Was kann ich?' Und: 'Was will ich?' Wer zufrieden und glücklich im Job werden will, muss wissen, was ihm gut tut. Nur dann weiß er, wohin es ihn zieht. Der Workshop war toll. Ich war begeistert von der Selbstreflexion der Studierenden.
Und dann kam alles mit dem Runterfahren des gesellschaftlichen Lebens ganz anders als gedacht. Wie haben Sie die Situation der Tandems erlebt?
Vorab: Ich sehe die Pandemie trotz aller Dramatik als Chance. Ohne Krisen und Herausforderungen gibt es keine Weiterentwicklung. Das haben wir alle in den letzten Monaten erlebt. Homeoffice wurde kurzerhand zum Standard. Meetings, Konferenzen, Messen oder Workshops fanden plötzlich virtuell statt. Die Technik war da, die Situation erforderte ein Umsteuern. Und siehe da, in vielen Fällen gelang der Umstieg in eine virtuelle Umgebung mehr oder weniger problemlos. Für die Studierenden war die Situation zu Beginn sicher ebenso hart wie für viele andere Menschen.
Die Mentees sind dank der Online-Vernetzung am Ball geblieben. Ich habe gemeinsam mit den Studierenden im Juli einen auf die Pandemie zugeschnittenen Online-Workshop zur Reflexion durchgeführt. Im Zentrum stand das Thema Corona und welche Stärken und Vorgehensweisen der Mentees für einen guten Umgang mit der Krise gesorgt haben. Die Studierenden hatten im Nachgang zudem die Aufgabe, die Mentorinnen und Mentoren über deren Jobs zu löchern und die Ergebnisse im darauf folgenden Workshop „Selbstmarketing“ vorzustellen. Den Gesprächsleitfaden haben wir gemeinsam dafür entwickelt: Was sind die jobspezifischen Herausforderungen, welche Fähigkeiten sind gefragt, was ist besonders erfüllend und macht Spaß im Job und wie sieht der Berufsalltag aus.
Wie ging es weiter?
Weiter ging es im Oktober mit einem Präsenztag Selbstmarketing. Nach der Innenschau ist der Blick auf die Außenwirkung und die Selbstvermarktung im Karrierecoaching unverzichtbar. Wir haben mit der Bedeutung von Selbstmarketing und Vernetzung begonnen und sind später ganz praktisch zur Nutzung von Business-Netzwerken wie LinkedIn und XING übergegangen. Die im ersten Workshop konkreten Fähigkeiten, waren nun wieder gefragt: Was steckt dahinter, wenn jemand sich als 'kommunikativ' einschätzt. Heißt das, er kann gut Konflikte lösen, die richtigen Fragen stellen, sich in Diskussionen durchsetzen? Das sind völlig andere Kernkompetenzen, die in unterschiedlichen Jobprofilen zum Erfolg führen können. Und wie können diese Kompetenzen nach außen getragen werden. Ein so genannter 'Elevator Pitch' bringt all das auf den Punkt und eben diesen hat jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer vor der Gruppe gehalten. In maximal 60 Sekunden. Eben nur so lang, wie man gemeinsam im Fahrstuhl stehen würde. Das Schöne war zu sehen, wie leicht es allen gelang, obwohl genau das am Anfang schwer fällt, nämlich sich selbst zu präsentieren.
Außerdem hatten die Studierenden durch die Gespräche mit ihren Mentorinnen und Mentoren den Input für die Jobwall vorbereitet. Der Job der Mentorinnen oder des Mentoren wurde von dem dazu gehörenden Mentee vorgestellt. Heraus kam eine komplette Jobwall, etwa aus dem Technischen Hilfswerk THW, dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Unternehmen wie Terrestris oder AED Sicad, dem Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur (BMVI) und der Bezirksregierung Köln. Das birgt unglaublich wertvolle Potenziale, die über die reine Vernetzung von zwei Menschen weit hinausgehen. Die Studierenden bekamen auf einen Schlag zig Jobideen geliefert.
Frau Busch-Holfelder, Sie sind Karriere-Coach, Keynote-Speakerin und jüngst auch Buchautorin. Ihr Ratgeber: „Zukunftsfähig im Job“ ist im August diesen Jahres erschienen. Wie wichtig ist Netzwerken für Mentees und Mentoren?
Netzwerken bringt Mentees sowie den Mentorinnen und Mentoren ein Geschenk für die Zukunft, nämlich wertvolle Kontakte. Jeder Kontakt kennt ja wieder eine Reihe anderer Leute, die wiederum potenziell wichtig werden können. Das ist grandios. Für beide Seiten. Für die Mentorinnen und Mentoren hat das Netzwerken mit jungen Leuten noch weitere Effekte: Das Generationenverständnis und Miteinander wächst im Dialog. Sie haben die Chance, dem Fachkräftemangel, der trotz Corona in vielen Bereichen gerade durch die Alterspyramide bestehen bleibt, entgegenzuwirken und passende Mitarbeiter zu finden. Und auch für die Mentorinnen und Mentoren gilt natürlich: Die Innenschau ist eine Voraussetzung für Zufriedenheit im Job. Da hilft es, wenn die Mentees für die Jobwall nach Jobinhalten, Herausforderungen und Handlungsspielräumen fragen. Denn auch für Managerinnen und Manager gilt, dass sie sich selbst ständig weiterentwickeln müssen, um am Ball zu bleiben. Stichwort 'Lebenslanges Lernen'.
Und wie erleben Sie persönlich die Pandemie? Sie waren zuvor als gefragte Seminaranbieterin und Keynotespeakerin auch viel live unterwegs....
Ich stecke mittlerweile voll in der neuen Normalität hybrider Formate. Präsenz und Online haben beide ihren Reiz und ihre Daseinsberechtigung. Das wird sich auch in Zukunft nicht mehr zurückdrehen lassen. Es ist gerade jetzt wichtiger denn je, dass wir kreativ und aktiv bleiben. Wie eingangs gesagt, und auch wenn's abgedroschen klingt: In jeder Krise steckt eine Chance. Ich selbst zum Beispiel hätte nicht die Muße gehabt, mit meinem Buch wirklich durchzustarten, wenn ich im letzten Jahr nach einem Skiunfall und einer misslungenen Knie-OP nicht zum Innehalten gezwungen gewesen wäre. Meine inzwischen jugendlichen Kinder sagen immer: „Selbst wenn Dein Glas leer ist, erscheint es Dir immer so, als ob immer noch ein paar Tropfen drin sind“. Mit dieser Haltung gehe ich auch durch die Pandemie.
Frau Busch-Holfelder, wir bedanken und für das Gespräch.
Das Interview führte Monika Rech-Heider.