Raumbezogene Daten nutzt die Stadtverwaltung Bonn seit langem in ihrem Geoinformationssystem. Mit dem Urban Data Management geht es nun um den nächsten Schritt über eine rein grafische Darstellung hinaus: Neben Kartenmaterial fließen auch statistische Daten mit ein und auch Echtzeitdaten, die - auch von Dritten - bei verschiedenen Messungen etwa zur Luftqualität erhoben werden, können mit in die Karteninformationen fließen.
Ein weiteres Thema, das CDO Friedrich Fuß mit André Dornbusch-Schwickerarth, kommissarischer Leiter des Amtes für Bodenmanagement und Geoinformation, und Guido Blome, Abteilungsleiter für Geodaten, Stadtkarthografie und Statistik, bespricht, ist der „digitale Zwilling“, der mit Hilfe des 3D-Stadtmodells entsteht.
Der Podcast im Wortlaut
Friedrich Fuß: Hallo zusammen, ich grüße Sie ganz herzlich. Ich bin hier zusammen mit zwei sehr kompetenten Herren zum Thema Geodaten und Geodateninfrastruktur. Mein Name ist Friedrich Fuß. Ich bin der Chief Digital Officer der Bundesstadt Bonn. Ich bin in Bonn dafür verantwortlich, dass die digitale Transformation vorangetrieben wird und damit natürlich auch die Digitalisierung - sowohl in der Verwaltung als auch in der Stadt Bonn. So und jetzt leite ich schon mal über wir; sind alle per du und insofern leite ich einfach über an Guido.
Guido Blome: Ja, mein Name ist Guido Blome. Ich bin hier beim Amt für Bodenmanagement und Geoinformation und leite die Abteilung Stadtkartographie, Geoinformation und Statistik und wir beschäftigen uns zurzeit eben sehr intensiv damit, ein Urban Data Management für die Stadtgesellschaft aufzubauen.
Friedrich Fuß: Das hört sich alles ganz kompliziert an; ich glaube wir gehen danach noch etwas detaillierter darauf ein und dann begrüße ich auch ganz herzlich André. André, wenn du dich auch kurz vorstellst.
André Dornbusch-Schwickerath: Ja natürlich sehr gern. Hallo, mein Name ist André Dornbusch Schwickerath; auch vom Amt für Bodenmanagement und Geoinformation und bin dort als kommissarischer Amtsleiter unterwegs. Sehr schön, dass wir dieses Thema heute aufgreifen und die Chance möchte ich auch gerne direkt nutzen, um ein bisschen was zum 3D-GIS der Stadt Bonn oder 3D-Stadtmodell zu sagen.
Friedrich Fuß: Ja super, also ich bin auch schon ganz gespannt: Guido, erklär mal, was ist das eigentlich urbane Daten? Was muss mir darunter vorstellen?
Guido Blome: Das ist ein sehr weit gefasster Begriff, der auch im Moment sehr in Mode ist. Ich als Geodät sage natürlich zunächst mal, das sind alle raumbezogenen Daten - also alle Daten, die irgendwie das Stadtgebiet beschreiben und mir Anhalt geben, was ich denn zum Beispiel auf diesen Flächen alles machen kann. Wenn wir an den Naturschutz denken, an Naturschutzgebiete oder an die Bauleitplanung. Das wäre aber viel zu kurz gegriffen, denn das gibt es alles schon sehr sehr lange mit den Geo-Informationssystemen. Dieser Begriff Urbane Daten ist eben weiter gefasst. Dazu gehören natürlich auch die statistischen Daten, die ebenfalls wieder raumbezogen sind, die aber halt auch den Bereich Soziodemographie einbinden und noch ganz andere Themen anreichern. Ganz klassisch ist der Begriff Urbane Daten aber oft eben auch mit dem Thema IOT verbunden und so kommen da Echtzeitdaten hinzu. Sensordaten – also Dinge, die zum Beispiel über Pegelstände sprechen, über Luftqualitäten, über Verkehrsbelastungen - also all diese Daten.
Friedrich Fuß: Also, das ist eine ganze Menge, wenn man das so hört, da sind natürlich auch viele Fremdworte drin. IOT - Internet of things: was muss ich mir da eigentlich darunter vorstellen? Was ist denn das so geheimnisvolles?
Guido Blome: Das Internet der Dinge beschäftigt sich sehr stark mit Sensorik, also auch wieder mit messen und da gibt es heute schon einfachste Techniken, die über sehr kostengünstige Sensoren über Funk Daten übertragen, die mir zum Beispiel sagen, ob ein bestimmter Mülleimer voll ist oder wie viele Menschen gerade die Fußgängerzone frequentieren. All solche Dinge sind darunter zu verstehen. Die Stadt Bonn hat dazu gemeinsam mit den Stadtwerken auch eine Initiative - ein sogenanntes Lorawan-Netzwerk aufgebaut. Dort kann man die Sensoren einklinken.
Friedrich Fuß: Und wenn ich jetzt als als Bürger*in so was nutzen will oder damit was machen will: wie muss ich da vorgehen? Was muss ich da tun? Wo muss ich da hingucken? Gibt's da irgendwie eine Website, wo ich draufgehen kann oder wie funktioniert das? Wie sieht das jetzt aktuell in der Praxis aus?
Guido Blome: Also jetzt speziell bei den Sensordaten gibt es eine Community, wie ganz oft eben im digitalen Wesen, gibt es diese Communities und da gibt es The Things Network, das wir auch fördern als Stadt Bonn mit mehreren Basisstationen, die die Signale der Sensoren weiterleiten. Und dort kann ich halt ganz handelsübliche Sensoren einklinken und dann halt einen bestimmten Sachverhalt messen und übertragen.
Friedrich Fuß: Und kann ich das auch auf einer Website dann sehen so abgebildet? ich denke jetzt beispielsweise an Wetterereignisse. Da wird ja auch gemessen, ob es viel regnet oder wenig und wenn es dann viel regnet, ob es denn Starkregen gibt. Gibt's da irgendwie Dinge, wo ich hinkommen kann?
Guido Blome: Beim Starkregen sind wir als Stadt Bonn glaube ich zurzeit noch nicht Anbieter einer öffentlichen Website, aber das ist es ja gerade: Wenn man an die Communities denkt, es werden halt Daten erhoben. Diese Daten werden über offene Schnittstellen angeboten und können halt von ganz vielen Menschen wiederum genutzt werden. Wir denken nicht daran, da man muss eben diese Möglichkeiten den Communities geben. Da gibt es ja auch gerade im kartografischen Umfeld diese ganz bekannte Openstreetmap Foundation. Also, wenn es ums Mapping geht, dann setzen wir auf jeden Fall darauf, dass die Community eben sich über solche Dinge engagiert und diese Daten, die dort in der gruppe beschafft werden oder erfasst werden, die sind dann eben wiederum über offene Lizenzen zugreifbar.
Friedrich Fuß: Also das heißt jetzt diese Community oder auch der ganz normale Bürger, die ganz normale Bürgerin sagt „Pass mal auf, ich habe hier so Daten oder einen Datensatz, die will ich euch gerne spenden“. Geht das? Funktioniert so was? Kann man so was machen?
Guido Blome: Ja, das wäre dann eben das Thema Datenspende und da würden wir uns halt eben dann ganz individuell über die Lizenzbedingungen unterhalten. Denn um Daten wirklich für eine größere Gruppe wieder nutzbar zu gestalten, ist ganz wichtig, dass das Lizenzmodell geklärt wird. Da gibt es ja eben diese offenen Lizenzen und dann können die halt eben zum Beispiel über unser Open Data Portal weiter verbreitet werden und das nehmen wir natürlich gerne auf, dass eben Daten der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden.
Friedrich Fuß: Das ist eine gute Sache und du hast ja gerade auch schon erwähnt, dass das ganze immer auch datenschutzrechtlich datenschutzkonform ist, so dass sich also keine Bürger*in irgendwie Sorgen machen muss, dass da auf einmal personenbezogene Daten irgendwie durchs Netz geistern, sondern das ist alles immer abgecheckt, so dass man auch mit gutem Gewissen und ohne sich Sorgen zu machen tatsächlich Daten spenden kann.
Guido Blome: Ja also das ist ein ganz ganz wichtiger Aspekt, damit die Bürger*innen Vertrauen gewinnen in solche Dateninfrastrukturen. Im Urban Data Management muss der Datenschutzaspekt ganz obenan stehen und dafür stehen wir auch, dass das eben richtig geregelt wird.
Friedrich Fuß: Das sind ganz super Sachen! Und jetzt sind wir auch schon dabei: so Daten, die muss man irgendwie zum Leben erwecken und da kommt dann das Thema Visualisierung ins Spiel. Sozusagen der Star ist ja eine dreidimensionale Visualisierung und da kommst du ins Spiel André. Erzähl mal so ein bisschen, was ist denn mit der dritten Dimension. Warum ist die denn so wichtig? Warum brauchen wir die?
André Dornbusch-Schwickerath: Das kann ich gerne ein bisschen näher erklären: Die dritte Dimension ist nach meiner Erfahrung her darin begründet, dass mittlerweile einfach die Technik dafür so weit ist; gerade die Übertragung der doch größeren Datenmengen über das Internet war lange lange Zeit ein Riesenproblem. Das ist aber gelöst, da hat uns die Spieleindustrie geholfen, die haben die Problematiken für uns gelöst und wir nutzen es einfach aus. Das heißt, die dritte Dimension können wir zur zweiten nutzen und dadurch ermöglichen sich ganz neue Perspektiven, diese Vogelperspektive, die ich sonst nicht habe. Ich kann um meine Objekte herum navigieren; egal ob ich davor, dahinter oder wo auch immer stehe und das macht es halt viel einfacher gerade auch im Verwaltungsbereich.
Wenn ich auf die Verwaltung mal zurückkomme, der Prozess, wo ich vielleicht damals vor Ort hätte sein müssen, um mir das Objekt anzuschauen, wo vielleicht eine Meldung dazu kam zum Beispiel vom Mängelmelder. Und dann habe ich die Möglichkeiten, das direkt aus dem Büro zu machen und muss nicht mehr vor Ort hinfahren. Das ist so ein riesiger Mehrwert, nicht nur, dass es viel schneller geht, sondern ich bin direkt am Objekt.
Friedrich Fuß: Letztendlich bedeutet das natürlich auch, dass man eine gewisse Aktualität braucht. Das heißt, es nützt ja nichts, wenn die Daten ich sag mal jetzt mehrere Jahre alt sind. Wie macht ihr das eigentlich? Wie kriegt das hin, dass die Daten aktuell gehalten werden ?
André Dornbusch-Schwickerath: Genau das ist ein Riesenvorteil dieser Sache, dass ich von meiner Aktualität lebe und somit auch die Information habe. Wie machen wir das? Das ist relativ einfach, also jeder kennt sicherlich die sogenannten Luftbilder, die man gerne selber nutzt um zum Beispiel zu recherchieren jeder kennt google und genau diese Luftbilder nutzen wir auch. Nur nicht die von google, sondern unsere eigenen.
Wir lassen selber befliegen und durch diese Befliegungen, die in einem gewissen Rhythmus stattfinden, entstehen Schrägluftbilder. Daraus bin ich in der Lage, ein sogenanntes 3D-Mesh abzuleiten. Da muss eine riesige Rechenleistung cloudbasiert bereitgestellt werden, die wiederum macht das einmal. Das ist ein großer Prozess, der durchlaufen wird und wir nutzen im Endeffekt dieses fertige Produkt und binden es in Form eines Viewers ein. Das haben wir auch schon gemacht, das ganze wird schon bereitgestellt seit letztem Jahr über bonn3d. Da kann man sich schon die Dreidimensionalität der Stadt Bonn anschauen.
Friedrich Fuß: Jetzt habe ich ja noch eine ganz spontane Frage an dich Guido: Du hast ja auch sozusagen ganz viele Daten im Portfolio, meinetwegen wo Haltestellen sind oder wo irgendwie Freiflächen sind und so weiter. Kombiniert man eigentlich diese Daten aus der ich sag mal 2D-Welt und der 3D-Welt?
Guido Blome: Ja, das ist genau so geplant und die Werkzeuge, die man heutzutage hat, kennen halt Möglichkeiten, die Daten über offene Schnittstellen zu verknüpfen, so dass dann eben die Dinge, die man in den klassischen GIS-Systemen oder in den Sensordatensystemen sieht, eben auch in die dritte Dimension transportieren kann. Das ist auf jeden Fall eine Planung, die wir für die Zukunft haben, dass eben 2D und 3D die klassischen Geoinformationssysteme mit dem Bonn in 3d und dem Stadtmodell verknüpfbar werden. Damit eben diese ganz neue Nutzer-Experience rüberkommt und man die Dinge plastisch sehen kann. Das entspricht auch viel mehr unserem menschlichen Empfinden und dem Informationsbedürfnis.
Friedrich Fuß: Ich meine wir sprechen ja auch immer so von einem digitalen Zwilling, wo man sagt, okay da ist irgendwie das Stadtbild digital abgebildet und wenn ich dann irgendwo stehe und sage „Mensch, wo bin ich denn hier?“ und will jetzt mal so ein bisschen auch gucken was ist denn hinter der Hauswand oder was ist denn hinter der Häuserfront oder um die Straßenecke? Da könnte ich mir vorstellen, das ist ja so irgendetwas, da sind wir schon bei virtual reality oder augmented reality - je nach dem in so einer Spielart - und das bringt mich dann wieder zu der Frage: Wie können die Bürger*innen diese Dinge nutzen? Was gibt's da noch so für Ideen, wie man die weiter nutzen kann?
André Dornbusch-Schwickerath: Vielleicht mal so eine Idee mal besprochen, das sind die Planungen also, wenn ich neue Gebäude, neue Objekte bereitstelle als Architekturbüro zum Beispiel genauso wie das Planungsamt, das mit den Daten der Stadt Bonn arbeitet, ist es dann auch ganz einfach genau diese Modelle zu nehmen, um diese in die virtuelle digitale Zwillingwelt zu projizieren. Das sind ganz einfache Prinzipien, das ist mit drei Klicks erledigt und schon kann ich mir im Endeffekt mein neues Objekt, mein neues Modell schön in meiner jetzigen Umgebung anschauen. Das ist für alle von Vorteil, nicht nur für die Mitarbeiter*innen unmittelbar in der Stadt, sondern auch für die Bürger*innen, wenn man gerade diese Bürgerbeteiligung, diese Mitbestimmungsrechte, die man noch hat, super visualisiert dargestellt bekommt und man sieht direkt, wie sieht die Zukunft aus. Wie kann sie aussehen oder in Konsequenz, vielleicht muss ich noch was ändern an meinem Architekturentwurf?
Friedrich Fuß: Ich meine, ich habe ja auch immer so ein bisschen das Problem, wenn ich so einen zweidimensionalen Plan vor mir liegen sehe und will mir das jetzt vorstellen, wie sieht das denn aus oder wie könnte das dann aussehen, dann ist das natürlich jetzt etwas, das man dann wunderbar auch da einbringen kann, weil viele Menschen können sich das dann viel leichter vorstellen vor allem wie du beschrieben hast. Sie können da drum herumgehen und dann kann man natürlich auch viel sachlicher über die ganzen Probleme, die man vielleicht irgendwie sieht, reden und kann dem anderen das auch zeigen, was denn jetzt genau das Problem ist und muss das nicht nur mit Worten beschreiben.
André Dornbusch-Schwickerath: Genau das ist der riesige Vorteil: ich beschleunige somit die ganze Modellierungsphase, den ganzen Planungsprozess, wenn man wieder auf diesen Begriff so ein bisschen das Ganze abstrahieren will. Und das ist nicht nur der Transparenz dem Alten gegenüber sehr sehr gut. Wie auch schon gerade gesagt, kann ich das nicht nur für Gebäude machen. Das kann ich für aktive Sensoren machen, das kann ich für die Auslastung von Parkhäusern machen, für die E-Ladestation kann ich mir wunderbar Daten in Echtzeit einblenden und dann wiederum auch in 3D mich navigieren lassen oder - vielleicht sogar noch ein bisschen weiter gedacht - die ganze Sache mit ins Auto reinholen.
Friedrich Fuß: Aber das sind ja ganz tolle Aussichten auch für die Zukunft und ja dann will ich euch noch abschließend mal kurz fragen: Was ist denn so das, was ihr euch für die Zukunft wünscht? Guido, wenn du anfängst?
Guido Blome: Für die Zukunft wünschen würde ich mir tatsächlich, dass wir all diese Datenschätze hier in der in der Verwaltung oder auch in der Stadtgesellschaft heben und wirklich zu einer evidenzbasierten Entscheidungsfindung kommen. Das möchte ich gerne mit unserem Team unterstützen.
Friedrich Fuß: Ja ganz wunderbar. Und bei dir André?
André Dornbusch-Schwickerath: Ja bei mir klar, dass ich natürlich dieses 3D-Bonn-Stadtmodell weiterentwickeln möchte, dass wir alle möglichen Sensoren kombiniert bekommen, visualisieren und dahingehend gerade so die Beschleunigung dieses Mehrwertes dann auch richtig spüren werden. Das kann ich mir gut vorstellen und ich glaube, da sind wir auf einem guten Weg.
Friedrich Fuß: Ganz herzlichen Dank an euch beide. Also ich sehe da sind engagierte Menschen, die wirklich auch eine Vision haben wie sie diese vielleicht ganz nüchternen Daten richtig schön zum Leben erwecken wollen. Ganz herzlichen Dank auch an unsere Zuhörer*innen und bis bald mal wieder.